Nacht der Worte – zusammen woanders

Bei der Veranstaltung „Nacht der Worte“, organisiert von den Studierenden des 4. Semesters Kreatives Schreiben und Texten, sammeln die Teilnehmenden in einer schreibintensiven Atmosphäre spannende Eindrücke und lernen einander kennen. Dieser Erfahrungsbericht von dem Treffen am 19.06. zum Thema „Urbane Natur“ soll einen beispielhaften Einblick in die Reihe geben.

Als ich den Veranstaltungsraum erstmalig betrete, warten auf mich bereits das Geräusch einer kochenden Kaffeemaschine, der Geruch von selbstgebackenem Kuchen und einladende Blicke der Organisator*innen, die diesen gigantischen Raum mit Bühne – die üblicherweise für Konzerte genutzt wird – zu einem Resonanzraum des Kreativen Schreibens umfunktioniert haben. Sofort wird mir klar, dass es hier nicht um das Erbringen von Leistungen geht, sondern um kollektive Begeisterung und den Spaß am Schreiben.

Die Veranstaltung beginnt mit einer Aufwärmübung, bei der wir dazu eingeladen sind, unsere persönlichen Empfindungen und inspirierenden Gedanken, die uns gerade im Kopf umherschwirren, erst einmal schriftlich zu sammeln. Nach der Aufwärmübung geht es weiter zu einer etwas längeren Hauptaufgabe, die jedes Mal spezifisch auf das Thema des Tages gemünzt ist. Während wir in einer Schreibnacht über die Blümchen im Garten philosophieren, tauchen wir die Woche darauf ins Krimi-Genre ein und schreiben über die Kehrseite der rosaroten Welt. Eins ist klar: Langweilig wird es hier nie. 

Letztendlich ist Kreatives Schreiben ein Überbegriff, der in seiner Assoziationsmöglichkeit so überwältigend sein kann, dass wir manchmal gar nicht wissen, wo wir anfangen sollen. Doch die Lösung der Studierenden ist souverän: Durch das Schreiben im Bewusstseinsstrom entsteht eine schnelle und intensive Anhäufung an persönlichem Material, welches ein solides Fundament für Weiteres bildet. Es hat mich überrascht, wie viel im alltäglichen Leben gedanklich hängen bleibt und wie sich diese Eindrücke durch scheinbar simple Impulse auf Papier ergießen können.

Zusätzlich bieten die Studierenden des 4. Semesters auch Arbeitsmaterialien als Impetus. So werden gewisse Vorschläge und Herangehensweisen zur Bearbeitung kreativer Aufgaben nahegelegt, von denen wir uns bei Interesse inspirieren lassen können.

Bei der Veranstaltung am 19.06. ging es darum, Gedichte zu verfassen, nachdem wir in der Aufwärmübung schriftliche Eindrücke zum Thema „Natur in Berlin“ gesammelt haben. Das Bearbeiten dieser Aufgabe in einem ansprechenden Klima – ein weißes Rauschen aus tänzelnden Kugelschreibern und Tippen der Tastaturen – motivierte mich regelrecht zum Schreiben.

Gleichzeitig kommt es zu einem Austausch, bei dem wir die anderen, aber vielleicht ja auch uns selbst, durch das Teilen der gewonnenen Erfahrungen besser kennenlernen. Denn abschließend können wir (selbstverständlich freiwillig) das Fertiggestellte vorstellen und Feedback sammeln. So hören wir von den Hummeln, Hinterhöfen und Häfen der Heimat und kichern und lachen über die kreativen Ausarbeitungen der grüneren Exkurse einer sonst so grauen Stadt.

Alle Menschen, die gerne schreiben, Geschriebenes hören oder in jeglicher Weise an der Erarbeitung von kreativen Stoffen interessiert sind, sind hier willkommen. Die Studierenden haben im 6. Stock einen Ort geschaffen, von dem man sich wünscht, dass man ihn schon immer in seinem Umfeld gehabt hätte. Doch zu spät, um anzufangen, ist es ja bekanntlich nie.

Autor: Levin Sun studiert Drehbuch/Dramaturgie an der Filmuniversität Babelsberg und arbeitet als SHK an der SRH Berlin.

Beitragsbild von Johanna

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