von Caroline Rollinger
Im Laufe des Studiums haben sich zwei Sätze in mein Gehirn gebrannt. Erstens: Schreibe über das, was du kennst. Zweitens: „Show, don’t tell“.
Meine Sicht auf das Schreiben hat sich im Verlaufe des Studiums sehr verändert, sodass ich zu beiden nun eine feste Meinung habe.
Das Verlassen der Komfortzone
Erstens: Schreibe nicht immer über das, was du kennst! Sonst verlässt du nie die Komfortzone und bleibdt in diesem Kreis stecken. Kennt ihr diese Schriftsteller in Serien oder Filmen, die ihren großen Bestseller mit einer Geschichte erreicht haben, die sehr nah an das grenzt, was sie kennen? Jedes Mal, wenn ich sowas gesehen habe, dachte ich mir: „Wer macht denn sowas?“ und „Warum funktioniert der Scheiß auch noch?“ Wahrscheinlich, weil es sich um Fiktion handelt. Um allerdings bei der Realität zu bleiben: Über das schreiben, was man kennt, bedeutet, in der Komfortzone zu bleiben.
Die Idee dahinter ist, dass man die Geschichte besser beschreiben und fühlen kann, weil man es selbst erlebt hat. So, jetzt nehmt diese Idee und schmeißt sie aus der Komfortzone raus! Ganz weit weg, lauft dahin und hebt sie wieder auf. Ihr wart schon mal wütend, ihr wart schon mal traurig, ihr wart schon mal verzweifelt und weiß Gott … ihr wart schon sehr oft gelangweilt. Die Figuren in euren fiktiven Geschichten haben diese Emotionen auch, aber verdammt, ihr seid Schreibende! Ihr habt die Macht Gottes und was denkt ihr euch dann? Eher ein „Joa, also, ich schreibe jetzt einfach alles, was ich sowieso schon kenne und erlebt habe“ oder eher ein „Ja geil, ich kreiere eine eigene Welt, mit eigenen Charakteren, erlebe etwas Neues und lasse alle leiden“? Ich hoffe ja Letzteres … vertraut mir, das macht Spaß.
Ich, zum Beispiel, schreibe nie über das, was ich kenne. Mein Leben ist langweilig und das ist okay. Genau deswegen macht das Schreiben so viel Spaß. Man erschafft etwas Neues und erlebt etwas, was man sonst nicht erleben kann. Warum also im Leben steckenbleiben?
Show, don’t tell?
Zweitens: „Show, don’t tell“ bitte in Maßen. Das hört man zwar überall – also wirklich, immer wenn es ums Schreiben geht, kommt dieser Tipp auf; wappnet euch gegen die aufkommende allergische Reaktion auf diesen Satz – aber genau das ist das Problem. Er wird so oft gesagt, dass man glaubt, es immer machen zu müssen und die Gefahr besteht, es zu oft zu machen.
Ich gebe zu: Meine Schwäche beim Schreiben sind Emotionen. Berechtigt könnte man sich da fragen, wie man ein*e gute*r Schreiber*in werden kann, wenn diese Schwäche besteht. Ganz einfach: Ich habe andere Stärken und arbeite an meiner Schwäche, also ist „Show, don’t tell“ ein großes Problem für mich. Es ist leichter zu sagen „er ist wütend“, als eine ausführliche Beschreibung seiner physischen Bewegungen abzugeben. Ein Beispiel lasse ich aus Sicherheitsgründen aus. Dennoch sollte dieser Ratschlag genossen werden. Zeigt den Leuten die Emotionen ruhig, aber schreibt keine ellenlangen Absätze darüber. Die Leser verstehen es auch nach drei Sätzen. Und manchmal wäre es einfach besser, es zu erzählen. Das ist okay.
Den eigenen Weg finden
Neben meiner Auseinandersetzung mit diesen zwei Sätzen habe ich mich aber allgemein stark entwickelt. Früher habe ich zum Thema Schreiben ständig irgendwelche Artikel gelesen, Videos geschaut oder einfach nur gespeichert und noch immer nicht angeklickt, und habe eine Menge an Material, das ich mir noch durchschauen kann. Betonung liegt auf „kann“, denn darum geht es jetzt, weil … Schreiben ist individuell. Tipps sind ja schön und gut, aber ihr könnt nicht alles aufnehmen. Irgendwo ist Schluss und anstatt irgendwann an einem Punkt zu kommen, an dem ihr versucht nach den Vorgaben anderer zu schreiben, probiert es doch einfach selbst aus. Die Entwicklung kommt von allein; ihr lernt dazu. Manche Ratschläge sind wirklich hilfreich und ihr könnt euch gerne drauf einlassen, nur macht euch damit nicht verrückt.
Eine Geschichte zu schreiben ist ein langer Prozess und wenn ihr diese Zeit braucht, dann ist das so. Sorgt nur dafür, dass ihr einen Schlussstrich ziehen könnt.
Sowieso kann ich nun – nachdem ich mehrere Artikel mit Titeln wie „Diese 5 Tipps musst du unbedingt beachten!“ durchgelesen habe – sagen, dass oft immer wieder dieselben Punkte aufgegriffen werden. Das sind dann meistens die typischen Anfängertipps, die man nach einmal lesen kennt und danach findet man sie immer wieder. Mein bester Tipp ist, dass man schreiben soll. Allerdings nicht ständig, so wie andere das gerne mal raten; gönnt euch Pausen, die sind genauso wichtig, denn wie bereits erwähnt, entwickelt ihr euch selbst. Spezifisch will ich auf den Tipp eingehen, dass man seine Geschichte plotten soll, also vor dem Schreiben planen. Ich sagte es schon: Schreiben ist individuell. Einige plotten, einige nicht, andere machen beides. Findet, was für euch passt, nicht für andere. Und das kann ich zu fast jedem anderen Ratschlag auch sagen. Merkt euch vor allem eines: Ihr findet Tipps, die scheiße sind. Nicht alle, aber sowas gibt es.
Mit dem Hinweis „Show, don’t tell“ habt ihr sogar schon 30% von allen Ratschlägen erhalten, die ihr noch finden könnt.
Der beste Ratschlag
Insgesamt hat meine Schreibentwicklung wie folgt ausgesehen: Ich habe als ahnungsloser Laie angefangen, habe irgendwann ein paar Ratschläge aufgegriffen und gemerkt, dass ich Anfängerin bin, aber gut, da war ich 15 und jünger, da solltet ihr echt keine guten Texte erwarten. Dann habe ich erkannt, wie viel es zu lernen gibt und habe Panik geschoben. Als das Studium angefangen hat, habe ich noch mehr Panik geschoben, weil ich dachte, dass ich bisher alles falsch gemacht habe. Und jetzt … ja, jetzt habe ich gemerkt, dass ich Vieles richtig gemacht habe: Nämlich meinen eigenen Weg gesucht. Ob ich ihn gefunden habe? Keine Ahnung. Kann man das? Egal, Hauptsache ich sehe mir meine Texte an, die ich mit 13; 15; 17 und sogar erst letztes Jahr geschrieben habe, ja, manchmal sogar vor wenigen Stunden und denke mir: „Was ein Müll!“ Das ist der beste Ratschlag, den ihr bekommen werdet, aber nur, wenn er von euch kommt. Denn dann wisst ihr, dass ihr besser geworden seid und ihr nie mit euren Texten zufrieden sein werdet, aber das ist okay; andere lieben sie.