Selfpublishing

Interview mit der Autorin Lea Funke

Dieses Interview mit Lea Funke habe ich im ersten Semester des Studiengangs Kreatives Schreiben und Texten geführt. Es entstand im Kontext des Kurses „Schreiben professionell – Berufsfelder“.

Hatte jemand von euch auch schon mal den Wunsch ein Buch zu schreiben? Den Traum irgendwann einmal als Autorin oder Autor seinen Lebensunterhalt verdienen zu können? Lea Funke hat genau das erreicht. Sie hat sich vor drei Jahren als Autorin selbstständig gemacht und lebt den Traum von vielen. Wie sie es geschafft hat und ob der Beruf der Schriftsteller/In wirklich ein Traumjob ist, darüber habe ich ein bisschen mit ihr gesprochen.

Autor/In ist ja keiner dieser typischen Berufe, den man mit einer Ausbildung oder einem Studium lernen kann. Wie bist du Autorin geworden? Was ist dein persönlicher “Plot”?

Ja, das stimmt. Viele Autoren/Autorinnen kommen tatsächlich auch erst sehr spät zum Schreiben. Bei mir war es so, dass ich als Kind einmal krank war. Ich war ungefähr 11 Jahre alt und zu der Zeit habe ich die Gänsehautbücher von R. L. Stine gelesen. Ich fand die Bücher damals so gut, dass ich dachte: So etwas will ich auch schreiben. Als ich die Geschichte fertig hatte (ich habe auch das Cover gestaltet und es ging um fiese Monsterschnecken, die in den Wänden eines alten Hauses lebten), fand ich die Geschichte so gut, dass ich wusste: Da kann ich mithalten, das macht mir Spaß, ich werde später Autorin. Dann habe ich aber natürlich viel gesagt bekommen: Davon kann man nicht leben, so etwas macht man neben dem „richtigen“ Beruf, also habe ich Psychologie studiert. Da ich neben dem Studium auch Mutter und Brotverdienerin war, hatte ich keine Zeit zum Schreiben, bekam Panikattacken, ging zum Therapeuten, machte 3 Jahre eine Therapie und erarbeitete mit ihm zusammen, dass ich eigentlich lieber schreiben möchte als Psychologin zu sein. Ich schmiss das Studium und meldete beim Finanzamt meine freiberufliche Tätigkeit als Schriftstellerin an. Ich denke, man muss nicht Germanistik oder irgendwas studiert haben, um die Berechtigung zu erhalten zu schreiben. Vielmehr ist es eine Mischung aus Talent, dem Sog zu dieser Tätigkeit, vielleicht auch Berufung und eine gewisse Lebenserfahrung. Außerdem ist es ein Handwerk, man braucht ein Gefühl für Sprache, man muss es lieben und man muss auch ein bisschen besser sein als andere.

Du hast das Buch “Farvenland: Die unvollständigen Bücher” geschrieben. Wie bist du auf die Idee für die Geschichte gekommen? Hattest du Inspirationsquellen? Und kannst du kurz beschreiben, worum es in diesem Buch geht?

In dem Buch geht um das Mädchen Linn Fuchs, das in den 90er Jahren in unserer Welt auf die Abenteuerinsel Hüüd im Farvenland zieht, wo sie fortan als Junge bekannt ist, weil sie denkt, dass man als Junge ein abenteuerlicheres Leben haben kann. Mit ihren neuen Freunden findet sie heraus, dass ihr ganzes Land seine magische Vergangenheit vergessen hat. Gemeinsam wollen sie die Erinnerungen zurückholen, doch eine Bewegung namens Silberner Thron versucht dies mit allen Mitteln zu verhindern.

Es gibt verschiedene Gründe, warum ich diese Geschichte in diesem Setting geschrieben habe. Ich wollte unbedingt einen urbanen Fantasyroman schreiben, das heißt, das Farvenland sollte parallel zu unserer Welt existieren und nicht mit Magie überladen, sondern sehr nah an unsere Realität angelehnt sein. Da ich selbst am Meer wohne und das Maritime liebe sowie das Kleinstädterleben, findet man beides auf der Insel Hüüd. Es ist eine Naturinsel, ohne Autos, wenig Technik – es wohnen nur wenige Menschen dort. Im Prinzip habe ich mir eine Welt gebaut, in der ich gerne leben würde. Es ist keine Utopie, sondern eine Abenteuerwelt mit Rätseln, Geheimnissen und vielen Gefahren.

Die Hauptcharakterin Linn Fuchs hat Gemeinsamkeiten mit mir, vor allem teilt sie meine Sehnsüchte, ich glaube das war wichtig, damit ich mich besser mit der Geschichte identifizieren kann.

Inspiriert wurde ich von meinen Träumen und Sehnsüchten, meiner Kindheit in den 90ern, der Natur und vielen Kinderbüchern, wie Jim Knopf, Momo, Harry Potter, die unendliche Geschichte, Gänsehaut oder Gregor.

Du bist ja eine sogenannte Selfpublisherin. Was ist das überhaupt und was sind vor und Nachteile dieser Vermarktung?

Eine Selfpublisherin ist eine Autorin, die keinen Verlag hinter sich stehen hat und die ihre Werke im Selbstverlag herausgibt.

Die Vorteile sind, dass man unabhängig ist und vieles selbst entscheiden kann. Z. B. kann man in die Hand nehmen, ob das eigene Buch als Hörbuch produziert wird. Ein Verlag kann dem widersprechen, wenn er in diese Richtung nichts investieren möchte. Das kann sehr hinderlich für den generellen Erfolg des Buches sein.

Als Nachteile des Selfpublishings sehe ich, dass man nicht die Reichweite hat, die ein großer Verlag hat. Man muss sich diese selbst aufbauen und entweder viele Follower haben oder viel Geld, um Werbung zu schalten. Dabei geht es meiner Meinung nach um 10.000 Euro und mehr, um sichtliche Erfolge erzielen zu können. Als Selfpublisher ist man also auf einem eher langsamen Weg unterwegs, man hofft, dass sich mit den Monaten und Jahren herumspricht, dass das Buch (die Bücher) gut ist und somit die Verkaufszahlen steigen.

Als ausschlaggebenden Pluspunkt fürs Selfpublishing würde ich die Möglichkeit sehen, dass man sich sehr stark entwickeln kann. Nicht nur auf schriftstellerischer Ebene, sondern auch in vielen anderen Bereichen (Design, Marketing, Kommunikation, Social Media). Und wenn man schließlich Erfolg hat, dann kann man selbstbewusst mit Partnern verhandeln oder ist weiterhin vollkommen unabhängig von einem Verlag.

Gibt es etwas, dass dich so richtig an der Selbstständigkeit nervt? Wenn ja, was wäre das?

Ja, das Klinkenputzen. Ich meine, dass man ständig wie ein Vertreter durch die Gegend läuft und versucht, anderen sein Buch zu verkaufen.

Wie ist der Alltag einer Autorin? Hast du dir selbst feste Arbeitszeiten gesetzt und setzt du dir tägliche Schreibziele?

Da ich Mutter von zwei Kindern bin, wobei eines davon noch gestillt wird, arbeite ich momentan nach dem Prinzip: Schreiben, sobald sich eine Gelegenheit ergibt. Und wenn es nur 5 Minuten sind. Bevor ich noch ein Kind bekommen habe, habe ich zum Teil 10 Stunden mit kleinen Pausen geschrieben. Wenn ich im Flow bin, höre ich erst auf, wenn meine Augen brennen oder mein Mann mich zwingt, den Laptop auszuschalten.

Was hilft dir gegen Schreibblockaden? Oder hast du gar keine?

Ich habe keine (zum Glück).

Du hast ja angekündigt, dass die Reihe Farvenland fünf Bände umfassen soll. Fällt es dir schwer beim Schreiben nicht abzudriften und auf einmal im Kopf den Hauptplot vom dritten Buch zu gestalten, obwohl du gerade am zweiten Buch schreibst?

Nein, überhaupt nicht. Eine meiner größten Stärken ist das Planen und Organisieren. Jedes Kapitel ist geplant, ich weiche immer nur minimal ab.

Was liest du privat am liebsten oder findet man gar keine Zeit mehr dafür, wenn man selbst so viel schreiben muss?

Ich höre sehr viele Hörbücher. Das habe ich schon immer lieber getan als zu lesen. Ich höre eigentlich täglich ein bisschen was, aber auch vieles doppelt. Zum Beispiel die Paul Temple Hörspiele, Harry Potter, Momo, Die unendliche Geschichte, Hectors Reise, Paul Cox, Vogelweide, Fünf Freunde oder Flucht zu den Sternen.

Zukunftsszenario: Eines deiner Kinder ist mit der Schule fertig und sagt dir: “Ich werde jetzt Autor/in”. Wie reagierst du?

Super! Tolle Idee. Aber so würde ich bei jedem anderen Beruf auch reagieren. Das meine ich ernst und das ist mir wichtig. Auch wenn meine Tochter Stripperin werden möchte, ich unterstütze fast alles (Drogendealerin fände ich jetzt nicht so nice).

Ist Autor/in ein “sicherer” Beruf? Wie würdest du das einschätzen?

Ne, überhaupt nicht. Wer Wert auf Sicherheit legt, sollte etwas anderes machen. Wer zuverlässig Geld verdienen möchte ebenfalls.

Würdest du deine Bücher gerne verfilmen lassen?

Ja, unbedingt. Ich weiß auch schon genau wie ich die Rollen besetzen würde 😀

Denkst du der Beruf Autor/In könnte irgendwann aussterben, da die Leute nur noch Filme und Serien sehen wollen? Was ist deine Prognose?

Nein, das glaube ich nicht. Filme und Serien brauchen ja auch Autoren/Autorinnen, um überhaupt erst geschrieben werden zu können. Die Menschen sind süchtig nach Geschichten. Ein Mensch, der keine Geschichten hört, liest, sieht, schreibt oder erzählt ist kein Mensch mehr.

Was würdest du angehenden Autor/Innen mit auf den Weg geben?

Ich glaube, man sollte sich gut überlegen, ob man Autor*in sein möchte und ob man mit dem Umstand klarkommt, eventuell nie richtig Geld damit verdienen zu können. Es ist ein harter Weg, der sehr viel Disziplin erfordert. Man zweifelt oft, man scheitert, man wird gezwungen umzudenken. Man kann es aber ausprobieren und sich später doch für etwas anderes entscheiden. Ich für meinen Teil zieh das durch bis ich da angekommen bin, wo ich hinmöchte.

Zusatz:” Könntest du ein kurzes Feedback zu dem Interview geben?

Danke für die tollen kreativen Fragen! Die haben mir sehr gut gefallen und waren sehr professionell gestellt, was leider nicht immer selbstverständlich ist.

Spread the love