Die Autorin und Studentin des Studiengangs Kreatives Schreiben und Texten Caroline Rollinger präsentiert eine Rezension eines unveröffentlichten Buches.
Kein Name, keine Veröffentlichung, aber eine Rezension. Sicher etwas, was noch nicht viele Leute gemacht haben. Also einen Grund mehr, um es selbst zu tun. Ich fange direkt mit der Handlung und einigen Hintergründen der Geschichte an.
Mord, Mörder, Khrey
Die Handlung ohne Spoiler wiederzugeben, ist kaum möglich. Deshalb entscheide ich mich für einen, der sowieso im ersten Kapitel des Buches vorkommt.
Khrey ist ein junger Erwachsener, der durch seine Freundschaft mit einem mächtigen Magier Zugang zum Schloss des Königs hat und in hohen Kreisen verkehren kann. Nachts ist er der Anführer einer bekannten Auftragsmörder-Gilde, die sich „die Sieben“ nennt. Deren Identitäten sind streng geheim und die Sieben stechen durch ihre Fähigkeiten deutlich hervor.
Als die Sieben zum ersten Mal einen Mord im Schloss verübt, erkennt die Herrschaftsfamilie die Bedrohung, der sie ausgesetzt ist. Sofort werden alle Maßnahmen verschärft, um die Sieben zu fassen.
Khrey erhält durch seinen Stand nützliche Insiderinformationen, gerät aber auch oft genug mit seinen Komplizen in brenzlige Situationen, aus denen er die Sieben wieder herausmanövrieren muss.
Ghettos und Magie
Die Geschichte spielt sich innerhalb der Stadt und darum herum ab. Es gibt eine klare Abgrenzung zwischen Adel und Pöbel. Das einfache, ärmliche Volk sieht die Sieben als Repräsentanten ihrer Notlage, während die, auf Kosten des Volkes, in Luxus lebende Krone sie als Bedrohung sieht.
Die zwei primären Standorte sind das Schloss und der Schlund, ein Stadtteil, der mit heutigen Ghettos vergleichbar ist. Dabei werden sehr große Unterschiede zwischen den zwei Gesellschaftsschichten deutlich, die jeweils ein Extrem darstellen.
Auch gibt es in der Welt Magie. Diese kann nur ausgeübt werden, wenn Menschen in der Nähe sind, die Schmerzen empfinden. Egal ob körperlich oder seelisch, egal ob vom Magier selbst oder von anderen. Die Magier empfinden den Schmerz anderer allerdings eher als angenehm – mit Symptomen ähnlich wie bei einer Droge –, was für viel Konfliktpotenzial zwischen Magiern und sogenannten Quellen (Menschen mit einer großen Menge Schmerz) sorgt. Dies wird von der Autorin genutzt und umgesetzt, indem sie diese Korrelation sowohl auf verbündete als auch verfeindete Charaktere überträgt. Nicht selten kommt es vor, dass Magier keine Rücksicht auf andere Menschen nehmen, nur um möglichst viele und starke Quellen in der Nähe zu haben.
„Keiner kann mich töten“
Dreist wie ich bin, lasse ich dieses Zitat von Khrey so stehen und komme zu den Charakteren.
Sie sind der wohl wichtigste Bestandteil der Geschichte, denn das Buch dreht sich viel um Beziehungen und Motive. Khrey ist durch seine Freundschaft zu einem Magier Teil des Adels geworden, allerdings ist er auch im Schlund bekannt und nebenbei noch der Anführer der Sieben. Und vor allem an diesem Punkt entsteht ein Konflikt durch die Beziehungen zwischen Magiern und Quellen. Denn Khrey ist als Quelle begehrt, was allerspätestens dann zur Schwierigkeit wird, wenn Magier die Sieben töten möchten. Für die Magier ist das ein Problem, weil sie sich nicht von Quellen trennen möchten, erst recht nicht durch den Tod, und für Khrey ist das ein Problem, weil es Quellen normalerweise nicht möglich ist, Magier zu töten.
Zu den Magiern, die die Sieben tot sehen möchten, gehört zudem Khreys engster Freund. Was interessant ist, weil Khrey vom Hass seines Freundes weiß und dadurch bedachte Handlungen folgen, damit es zu keiner Auseinandersetzung zwischen den Sieben und Khreys Freund kommt. Ich lasse die Frage offen, ob das gelingt.
So sehr einige Handlungen voneinander unabhängig erscheinen, ergeben sie danach immer mehr einen Sinn und treiben die Geschichte voran. Manchmal wird durch scheinbar kleine Entscheidungen eine Reaktion ausgelöst, die ich als „katastrophal“ bezeichnen würde.
Auch scheinen einige der Charaktere anfangs keine Verbindung zu haben, dies ändert sich jedoch im Verlauf der Geschichte.
Die Autorin weigert sich ein Schwarz-Weiß-Bild zu zeichnen. So gibt es keine Charaktere, die ausschließlich gut oder ausschließlich böse sind. Auch existieren dadurch keine spezifischen Helden oder Bösewichte, denn jeder hat Charaktereigenschaften oder Motive, die für andere schädlich sind oder aber genauso anderen helfen können.
Als Beispiel nehme ich den Hauptcharakter Khrey. Er ist zwar ein gesuchter Mörder, aber die Bevölkerung mag ihn und auch seine Komplizen, weil diese nur Opfer wählen, die gehasst und oft gefürchtet sind. Khrey ist ruhig, geduldig und steht hinter seiner Meinung. Allerdings ist er auch hinterhältig und grenzenlos brutal. Er ist sich seiner Position und Macht in der Gesellschaft bewusst und spielt dies geschickt aus, um seine Ziele zu erreichen.
Die Motive einiger Charaktere überschneiden sich manchmal mit anderen, sodass interessante Bündnisse entstehen, die aber nicht alle von Treue geprägt sind.
Fazit
Das Buch geht tief auf die Charaktere ein und ist manchmal komplex und etwas brutal. Zum Glück wird Gewalt nicht als sinnloses Stilmittel verwendet, sondern immer logisch mit eingebunden.
Wer eine schöne, süße Geschichte zum Abschalten sucht, vielleicht gepaart mit ein wenig Romantik, ist hier definitiv falsch. Dieses Buch lässt einen herrlich in zahlreiche Konflikte, Machtspiele und Intrigen eintauchen. Einige der Geschehnisse sind nichts für Feinfühlige.
Das Buch wird am 30. Februar 2023 im Verlag Ihres Vertrauens erscheinen.
Hier noch einige Kurzgeschichten der Autorin.
Autorin: Caroline Rollinger studiert Kreatives Schreiben und Texten in Berlin an der SOPA (SRH Berlin School of Popular Arts)
Foto: Autor Marko Blažević , Unsplash