Weshalb sind denn alle immer so schlecht drauf?
Egal, was ich mache und egal, wo ich bin: Ich habe das Gefühl, dass die Menschen ganz einfach unglücklich sein wollen. Oder sie haben verlernt, wie man glücklich ist.
Ich sitze in der Bahn, ich schaue mich um, ich sehe vom Alltag getrübte Augen.
Ich bin im Supermarkt, ich schaue mich um, ich sehe von der Jagd gestresste Gesichter. Ich gehe spazieren, ich schaue mich um, ich sehe von Termin zu Termin springende, gehetzte Persönlichkeiten, die dabei sind, den letzten Atemzug zu missachten.
Am Abend malen Tropfen auf der Fensterscheibe ein Bild und ich drehe mich draußen vor dem Haus im Kreis. Verdammt, ich schreie wütend: „Wieso tanzt denn keiner mit mir?“ Aber niemand kann es hören. Niemand, weil sie sich alle hinter ihren Wänden verstecken. Sie empfinden Regen als Unheil, weil sie vergessen wollen, was Elend wirklich ist. Und scheint endlich mal wieder die Sonne, dann ist es entweder noch zu kalt zum Lachen oder schon so warm, dass es der Kälte wieder bedarf.
Sagt mir, wie paradox kann es sein? Wie dämlich müssen die Menschen sein, um die Schönheit zu übersehen? Wann kann ich endlich Nachrichten über sinkende Emissionen und eine blühende Natur lesen?
Und warum laufen noch immer so viele mit Scheuklappen herum, obwohl sie behaupten, dass es diese nur für Tiere gäbe? Sind sie nicht eigentlich das einzige Tier, das sich die Klappen freiwillig aufsetzt? Freiwillig, weil’s so leichter sein soll, nicht sehen zu müssen, was nicht gesehen werden will. Und so laufen sie dann durch’s Leben und sehen noch immer nicht die Schönheit, die sie umgibt. Aber sie meinen zu wissen, dass sie irgendwann glücklich sein würden.
Wissen wir denn eigentlich, was Glück bedeutet? Wir haben Sex, bis wir uns selber vergessen, anstatt mit dem Bewusstsein unseres eigenen wundervollen Daseins zu genießen. Wir tragen einen Berg von Ängsten mit uns rum. Sind aber nicht bereit, ihn abzubauen. Stattdessen packen wir immer mehr drauf, weil’s Gewohnheit ist. Therapien brauchen schließlich nur die, denen nicht mehr zu helfen ist. Also jammern, quengeln und betteln wir. So, wie wir es unseren Kindern abgewöhnt haben, weil wir’s bei ihnen ja nicht ertragen konnten.
Und dann suchen wir nach den Monstern unterm Bett, aber finden sie in uns selbst.
Autorin: Leonie Krzizok-Bruns studiert Kreatives Schreiben und Texten in Berlin an der SOPA (Berlin School of Popular Arts)
Titelbild von Leonie Krzizok-Bruns