welle

Das Wort „Welle“ beschreibt nicht nur ein – wie ich finde – unglaubliches Naturphänomen, sondern ist auch in sich geschlossen ein Kunstwerk, sieht es doch schon aus wie eine Welle! Ich finde allerdings, dass man das Wort Welle kleinschreiben sollte: 

welle 

Kleingeschrieben sieht es noch mehr aus wie eine welle, großgeschrieben sind es genau genommen anderthalb wellen.

welle ist fast schon konkrete Poesie – konkrete Poesie mit nur einem Wort, wie cool ist das denn?? Man kann auch mehrere wellen aneinanderreihen, das sähe ebenfalls eindrucksvoll aus; wie ein wellenmeer eben.

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Was ich an dem Wort ebenfalls toll finde, ist, wie es klingt. Denn es sieht nicht nur wie eine Welle aus, es klingt auch so. Das w ist weich – hier beginnt die welle, ist noch spiegelglatte Oberfläche. Über das e hinaus streckt sie sich, bei den lls überschlägt sie sich und bricht schließlich mit dem e in sich zusammen, läuft aus in seichtem Wasser. Auch mit der Stimme geht man in der Mitte des Wortes hoch und fällt dann wieder ab. 

Ich bin außerdem der Meinung, dass es zwei Wörter für das Naturphänomen „welle“ geben sollte. Eine welle ist weich und sanft und friedfertig, lässt Vögel auf dem Wasser tanzen, kitzelt die Luft und überlässt sie dann wieder sich selbst. Aber eine welle brandet nicht gegen Felsen, eine welle lässt keine Schiffe untergehen, keine Menschen ertrinken. 

Wir könnten für dieses zweite Wort, das wir also brauchen, erst einmal den Vokal ändern, um uns von welle abzugrenzen. Zum Beispiel: walle. walle klingt schon gefährlicher, finde ich, weil eine walle an einen Wall erinnert und das würde doch passen, schließlich sollte eine walle sich hoch auftürmen können. Aber das klingt noch immer zu weich. Eine walle wäre zwar hoch, aber überschlagen würde sie sich trotzdem sanft und gemäßigt. Mein Vorschlag wäre es, einen schärferen Klang mit einzubringen, zum Beispiel ein sch. Dann hieße es: wallsche. 

Und ich weiß ja nicht, wie ihr das seht, aber ich hätte vor einer wallsche Angst. Ich höre schon, wie sie sich aufbäumt und gegen einen Felsen knallt, wie sie gegen die Wand eines zu kleinen Bootes schlägt und über einem Menschen hereinbricht, der dachte, es seien nur ein paar wellen da und mit einer wallsche nicht gerechnet hatte. Ich glaube, ich hätte als Kind mehr Respekt vor dem Meer gehabt, wenn man mir nicht „Vorsicht, da sind ganz schöne wellen“ gesagt hätte, sondern „Vorsicht, da sind ganz schöne wallschen.“ 

Würden wir wallschen als das bezeichnen, was sie sind, könnte das vielleicht Leben retten. Und das Wort „Wallsche“ dürft ihr meinetwegen sogar großschreiben.

Autorin: Juditha Lehmkuhl studiert Kreatives Schreiben und Texten an der AIM (School of Arts, Information and Media).

Beitragsbild von Juditha Lehmkuhl

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